SHIGEO SHINGO

The most dangerous kind of waste is the waste
we do not  recognize.

Ich komme gleich auf den Punkt.

In der Literatur, in den Unternehmen sowie in Beratungshäusern (nicht nur Lean-Beratungen) sind die sieben Verschwendungsarten bekannt. Eine achte Verschwendungsart wurde nachträglich hinzugefügt.

Diese acht Verschwendungsarten sind zur Übersicht in der nachfolgenden Abbildung mit kurzer Erklärung dargestellt. Die Abbildung soll der Ausgangspunkt für die nachfolgenden Gedankengänge sein.

 

 

die klassische 8 Verschwendungsarten

 

 

Meine These ist, dass diese Aufstellung der Verschwendungsarten unvollständig ist und die gravierendste Art der Verschwendung unberücksichtigt bleibt.

Die These in anderen Worten: Für Optimierungsbemühungen muss die Verschwendungsart „ungenutzte Personalkapazität“ und auch „ungenutzte Equipment-Kapazität“ mit betrachtet werden!

 

| Die These beruht auf folgenden Beobachtungen und Erfahrungswerten der letzten fünf Jahre

  1. Ebenfalls zeigt sich, dass das Potenzial ungenutzter Mitarbeiterkapazität zwei Drittel bis zur Hälfte des Potenzials aller anderen Verschwendungsarten zusammen umfasst.
  2. Die klassischen 7 Verschwendungsarten beziehen sich auf das Ausführen der (logistischen) Tätigkeiten. Also darauf, wie Aufgaben möglichst effektiv (die richtigen Dinge tun) und möglichst effizient (die Dinge richtig tun) ausgeführt werden.
  3. Die ergänzende 8. Verschwendungsart (ungenutzten Mitarbeiter-Potential) fokussiert die Kenntnisse, Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten des Personals. Gänzlich ungenutzte Arbeitszeit spielt in den aktuellen Diskussionen keine Rolle.
  4. Die Projektergebnisse der letzten Jahre zeigen, dass durchschnittlich 20 – 25 % der täglichen Arbeitszeit einer Arbeitskraft der Intralogistik in produzierenden Unternehmen ungenutzt bleibt.

 

Die nachfolgende Abbildung visualisiert den unter 1. genannten Sachverhalt.

 

Potenzial 9te Verschwendungsform Vergleich 8 Verschwendungsarten

 

 

Die eben beschriebenen Beobachtungen 2. bis 4. finden sich in der nachfolgenden Abbildung wieder. Die folgende Abbildung zeigt das Anwendungsfeld der klassischen Verschwendungsformen und die hier zur Diskussion gestellte 9. Verschwendungsform.

In der Abbildung wird die Arbeitszeit bzw. Schichtarbeitszeit einer Arbeitskraft dargestellt. Drei Bereiche werden unterteilt. Die „produktive Arbeitszeit“. Die „nicht produktive Arbeitszeit“ und die „ungenutzte Arbeitszeit“.

 

8 Verschwendungsformen 9te Verschwendungsform

 

 

Die in der Literatur und Praxis eingehend betrachteten klassischen sieben Verschwendungsarten sind in der Abbildung der Zeit zuzuordnen, in der Arbeit verrichtet wird.

Die 8. Verschwendungsart könnte auch auf beide Bereiche, also der produktiven Arbeitszeit und der ungenutzten Arbeitszeit, zugeordnet werden. Denn das Mitarbeiterpotenzial bleibt ungenutzt, wenn das Logistikpersonal falsch eingesetzt wird (produktive Zeit) und wenn die Kapazität gänzlich ungenutzt bleibt (ungenutzte Arbeitszeit).

Zugegeben, inhaltlich passend wäre es, das Potenzial „ungenutzte Personalkapazität“ der 8. Verschwendungsform (ungenutztes Mitarbeiterpotential) zuzuordnen und zu erweitern. Denn ungenutzte Kapazität ist ungenutztes Mitarbeiterpotenzial.

 

| Dennoch möchte ich von der 9. Art der Verschwendung sprechen.

  1. die Intention der 8. Verschwendungsform ist eine andere
  2. Das enorme Potenzial der „ungenutzten Personalkapazität“ (und auch Equipment) geht in den schon vorhandenen Ausführungen zur 8. Verschwendungsform unter.

 

Folgt man nun im Rahmen einer Optimierung den Verschwendungsarten wie diese heute überwiegend erklärt sind, bleiben somit durchschnittlich 20 bis 25 % ungenutzte Personalkapazität unberücksichtigt (der rechte Teil der Abbildung). Ein enormer Wert, denn Pausenzeiten und Verteilzeiten sowie Personal im Urlaub, Krankheit und Fluktuation auszugleichen sind hier bereits abgezogen.

Im Lean Management und den Verschwendungsformen wird immer wieder der Kunde in den Mittelpunkt gerückt: „Würde der Kunde dafür zahlen, dass …“

Stellen wir die gleiche Frage zum Thema „ungenutzter Personalkapazität“: Wäre der Kunde bereit 20 bis 25 % „Leerlauf“ beim Logistikpersonal zu bezahlen?

Nein! Demnach wäre „ungenutzter Personalkapazität“ als Verschwendung zu definieren!

 

Kritisch darf und muss man fragen, warum dieses Thema nicht eingehend im Rahmen der Diskussion zur Verschwendung diskutiert wird.

Nun, übersehen wird diese ungenutzte Mitarbeiterkapazität als Form der Verschwendung nicht! Natürlich wird über die Personalauslastung in der Praxis diskutiert. Zumeist sogar sehr emotional und über alle Hierarchieebenen hinweg. Einschließlich des Betriebsrates. Was überwiegend fehlt ist dieses Thema basierend auf Zahlen, Daten und Fakten und mit geeigneten Methoden und Programmen systematisch anzugehen.

Eine weitere Beobachtung ist, dass man glaubt, die Personalstärke genau (oder hinreichend genau) bestimmen zu können. Sei es aus Erfahrung, mit passenden Methoden, Planungsverfahren oder mit Programmunterstützung. Dass dies nicht immer gelingt, zeigen 80 bis 90 % aller Projekte und Analyse-Ergebnisse der Intralogistik in produzierenden Betrieben. Häufig ist die Planungsbasis veraltet oder die eingesetzte Bewertungsmethode und Bewertungszeiten beinhalten bereits Verschwendung.

Ein Grund mag sein, dass das Thema Lean Management aus der Sicht der Produktion entwickelt und verbreitet wurde. Die Arbeiten der Produktion ins Detail zu planen und den Mitarbeitereinsatz auszutakten wird für die Produktion weltweit intensiv betrieben. In der Logistik bis heute kaum. Nur in etwa 10 bis 15 % der besuchten Unternehmen fokussieren dieses Thema auch in der Logistik.

Eine weitere Vermutung ist, dass das Festlegen der Personalstärke in der Logistik sowie die Arbeitseinteilung von je her als „Basisaufgabe“ der Planung und des Tagesgeschäfts verstanden wird und deshalb nicht bei den klassischen 8 Formen der Verschwendung zu finden ist.

 

| Und jetzt? Welchen Nutzen hat die Diskussion?

  1. Bei allen (wiederholten) Anstrengungen die Performance der Logistik zu verbessern muss ergänzend und sehr intensiv der Teil der ungenutzten Arbeitszeit betrachtet werden. Das Potenzial ist signifikant.
  2. Ein möglicher, aber zeitaufwändiger Weg der einmaligen Verbesserung bringt, sind ausgiebige Beobachtungen. Hier wird man nicht nur Ineffizienz und Ineffektivität finden (die 8 Verschwendungsformen), sondern auch ungenutzte Personalkapazität (9. Verschwendungsform). Sofern das Personal bei der Beobachtung das Verhalten nicht anpasst. Langes beobachten ist hier nötig.
  3. Ein weiterer Weg ungenutzte Personalkapazität zu finden ist das Team herauszufordern, indem gezielt einzelne Personen aus dem Prozess genommen werden oder Prozessbestandteile an anderes Personal zugeteilt wird. Dann erfolgt die genaue Beobachtung wie lange der Prozess stabil bleibt und ab wann welche Schwierigkeiten, Rückstand oder Überlastung auftreten.
  4. Der nachhaltige, zahlenbasierte und „elegante“ Weg ist es, die Mitarbeiterstärke mit der richtigen Methode der Zeitwirtschaft zu ermitteln (Vorgabezeiten). Zusammen mit den richtigen Planungswerkzeugen und -programmen der Personalplanung kann dann rollierend neu geplant werden. Bspw. bei Änderungen des Layouts, der Mengen oder bei neuen Produktvarianten. Aussagefähig und sicher mit einer vorausschauenden rollierenden Planung.

 

 

Sie fragen sich, woher die 20-25 % ungenutzter Personalkapazität in der Logistik kommen!
Das habe auch ich mich nach einigen Projekten ebenfalls gefragt. Diese 17 Gründe ungenutzter Personalkapazität konnte ich aus abgeschlossenen Projekten der letzten Jahre ableiten.

Vielleicht fragen Sie sich auch, wie viel ungenutzte Personalkapazität in Ihrem Team steckt.
Dann machen Sie den Selbsttest. 15 Fragen für eine erste Potenzial-Schätzung. Hier geht es zum Download.

 


8. Juli 2021

 

 

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